Wie bei der grundsätzlichen Entscheidung für eine Kooperation, kommt es auch hier zunächst darauf an, was die beiden Kooperationspartner jeweils durch die Zusammenarbeit erreichen möchten. Je nachdem wie die Antwort zu dieser Frage ausfällt, gibt es unterschiedliche Kooperationsformen und Ausgestaltungsmöglichkeiten. Die Orientierungspunkte der beiden Kooperationspartner unterscheiden sich hier jedoch voneinander.
Laut dem World Economic Forum orientieren sich etablierte Unternehmen stärker an den Faktoren Zeit und Finanzierung. Den Kernfragen, denen sich eine Firma hier stellen muss, sind dabei: Wie lange möchte ich mich engagieren? Und welchen Finanzierungsspielraum habe ich?
Zeit wird dabei nicht nur mit der Dauer sondern auch der Häufigkeit der Zusammenarbeit definiert. Das heißt, ein etabliertes Unternehmen wägt genau ab, ob es eine Kooperation nur für ein bestimmtes Projekt, eine vertiefte aber zeitlich festgelegte oder offene Zusammenarbeit eingeht oder sich direkt an einem Startup beteiligt.
Die zeitliche Bindung entscheidet meist auch über die Art der Finanzierung, weshalb diese beiden Faktoren miteinander eng verknüpft sind. Wird nur für ein Projekt zusammengearbeitet, sind die Kosten natürlich an das Projekt und einen fixen Rahmen gebunden. Sie lassen sich leicht planen und auch im Falle des Scheiterns, bleibt das Risiko überschaubar. Eine engere Zusammenarbeit dagegen kann nicht nur zeitintensiv werden, sondern auch die Kosten in die Höhe treiben. Hierbei hängt es wiederum davon ab, wie tief die Kooperation gehen soll. Soll die Innovationskraft durch die Kooperation direkt ins Unternehmen geholt werden? Oder soll es bei einer B2B Beziehung bleiben? Als kleinen Überblick haben wir hier die 5 Kooperationsarten aufgelistet, die nach dem World Economic Forum für ein etabliertes Unternehmen sinnvoll sind:
Hier wird das Startup direkt mit einem bestimmten Projekt beauftragt und das entstandene Produkt „eingekauft“ – um es selbst zu verwenden oder direkt weiter zu verkaufen.
✔ Vorteil: Kooperation bleibt nur auf einen kleinen Bereich limitiert und es besteht ein direkter Austausch. Dadurch kann das Zeitfenster der Kooperation genau festgelegt werden und auch die Finanzierung geplant werden.
✘ Nachteil: Keinen direkten Einfluss auf Entwicklung.
Hier baut das etablierte Unternehmen intern eine „Innovationseinheit“ oder eine Art Forschungs- und Entwicklungsabteilung auf, die mit Startups aus der Branche oder mit staatlichen oder privaten Inkubatoren und Acceleratoren zusammenarbeitet. Auch kann diese Abteilung zusätzlich oder nur die Kooperation intern wie extern koordinieren und so für einen reibungslosen Ablauf sorgen.
✔ Vorteil: Es werden Ideen von außen in das Unternehmen geholt, um dann gemeinsam Lösungen zu entwickeln – direkt im Unternehmen oder durch ständigen Austausch. Man bleibt so immer auf dem Laufenden was aktuelle Entwicklungen angeht und kann auch mehrere Kooperationen gleichzeitig oder nacheinander eingehen.
✘ Nachteil: Diese Kooperation ist zeitlich offener und daher auch von der Finanzierung anspruchsvoller. Zudem erhöht eine fest eingerichtete Abteilung die internen Fixkosten, neben den direkten Kosten für die Kooperation.
Durch eine eigene „Brutstätte“ für Innovationen können direkt Startups aus der Branche angelockt werden, die hier ihre Ideen oder Produkte weiterentwickeln. Eine Firma kann einen eigenen Inkubator als eigenständige Firma aufbauen und finanzieren.
✔ Vorteil: Durch einen eigenen Inkubator kann eine Firma verschiedene Innovationen in der Branche fördern und nicht nur ein Projekt oder einen Teilbereich. Als eigenständige Firma oder Tochterfirma muss der Inkubator auch mit seinen Mitteln haushalten. Die Kosten werden dadurch planbar für das Unternehmen.
✘ Nachteil: Der Inkubator hat zwar seinen Fokus auf eine bestimmte Branche, aber die Streuung ist hier dennoch höher. Zudem ist evtl. die Zusammenarbeit weniger eng und die Eigenständigkeit der Startups steht mehr im Vordergrund. Auch ist die Förderung breiter angelegt. So werden neben der Finanzierung auch Büroräume, Daten oder Erfahrungswerte zur Verfügung gestellt.
Das Unternehmen gründet eine Tochtergesellschaft und stattet diese mit finanziellen Mitteln aus, um für bestimmte Projekte Partner zu finden. Die Tochtergesellschaft arbeitet dann mit diesen in der Entwicklung zusammen und bei einem Erfolg wird das entwickelte Produkt in die Muttergesellschaft integriert.
✔ Vorteil: Die Tochtergesellschaft setzt sich gezielt mit den Vorgaben der Muttergesellschaft auseinander und sucht nach passenden Partnern. Zudem feste Finanzierung und Trennung zwischen Kerngeschäft und Entwicklungstätigkeit, sprich Risikoverlagerung.
✘ Nachteil: Hohe Kosten um eine Tochtergesellschaft aufzubauen und diese auch zu finanzieren. Modell eher für größere Firmen praktikabel.
Das Unternehmen gründet einen „Beirat für die Mitgestaltung“, bestehend aus internen Entwicklern, Vorstandsmitgliedern und externen Unternehmern. Dieser Beirat analysiert gemeinsam die Potenziale oder den Nachholbedarf des Unternehmens und entwickelt dazu passende Strategien. Im Anschluss können dann neue Unternehmen (mit anderen Investoren zusammen oder alleine) gegründet werden, die Potenziale in der Branche erschließen. Bei Erfolg können die gegründeten Unternehmen in das integriert werden.
✔ Vorteil: Das Unternehmen kann gezielt sein Unternehmen erweitern und neue Marktsegmente erschließen, ohne die Marke zu gefährden und dabei Innovationen gezielt selbst umsetzen.
✘ Nachteil: Dieses Modell ist sehr kostenintensiv, da hier mehrere Firmen aufgebaut werden. Daher mehr für große Konzerne geeignet.
Für Startups dagegen spielt mehr ihr aktueller Unternehmensstatus eine Rolle, d.h. in welcher Phase der Unternehmensentwicklung sie sich gerade befinden. Laut dem White Paper des World Economic Forum kommt es hier darauf an, ob sie gerade erst ihre Gründungsidee entwickelt haben, die Firma gerade konsolidieren oder sich bereits in der Wachstumsphase befinden. Je nachdem in welchem Bereich des Unternehmenszyklus sie sich befinden, ist eine andere Art der Kooperation und Förderung sinnvoll.
"In welcher Phase befinde ich mich gerade?"
Daher sollten sich Startups vor einer Kooperation zwei Fragen stellen: In welcher Phase befinde ich mich gerade? Und wo möchte ich mit meinem Unternehmen noch hin? Je nach Phase können nämlich unterschiedliche Ziele mit einer Kooperation verbunden sein und auch der Status des Startups, wie bspw. Unternehmensaufbau oder –verkauf zur Disposition stehen. Die Unternehmensentwicklung eines Startups lässt sich dabei in 3 Phasen einteilen, in denen es jeweils passende Kooperationsformen gibt:
Hier entsteht die Idee oder wird das Produkt und damit auch das Startup selbst. Hier werden erste eigne Gehversuche unternommen oder schon ernstzunehmende Sprünge auf dem Markt versucht. Hier ist die weitere Entwicklung des Startups noch offen und kann durch die folgenden Programme unterstützt werden. Die Dauer ist meist 3 bis max. 12 Monate.
Direct Sales oder sog. Proof of Concept. Hier haben Startups die Möglichkeit, ihr Produkt an ein etabliertes Unternehmen zu verkaufen und dadurch den B2B oder B2C Markt mit ihrem Produkt zu testen.
Inkubator: Unterstützung in der Entwicklung der Geschäftsidee oder eines marktreifen Produkts durch Büroräume, Teilen von Erfahrung und finanzieller Unterstützung. Als Gegenleistung für diese Starthilfe gehen ca. 5-15 Prozent der Anteile an den Kooperationspartner.
Accelerator: Funktioniert ähnlich wie der Inkubator, richtet sich aber mehr an Startups mit einem bereits ausgereiften Produkt, das durch Mentoring und Erfahrung den Sprung zum Unternehmen schaffen möchten.
In der Konsolidierungsphase wird das Produkt fertig entwickelt und es erfolgt der Eintritt in den Markt. Hier sind Kooperationen sinnvoll, die eine Partnerschaft ins Auge fassen und gleichzeitig die Entwicklung des Startups stützen. Hier meist längerfristige Kooperation von mindestens 6 bis 12 Monaten.
Partnership Co-Innovation: Entwicklungszusammenarbeit zwischen Startup und R&D Abteilung des Unternehmens. Zugang zu Ressourcen und Netzwerk.
Corporate Venture: Kooperationspartner finanziert direkt oder über einen firmeninternen Fond und gewährt Zugang zu Firmeninternen Strukturen als auch Kundenkontakten. Aber hier ist die Gefahr aufgekauft zu werden hoch.
Partner Model: Startup nutzt Technologie Plattform oder Vertriebskanal der Unternehmenspartner und erhält zudem Referenzen für spätere Geschäfte.
In der Wachstumsphase geht es nun darum, mit der Nachfrage nach dem Produkt als Startup mitzuwachsen und eine gewisse Konstanz in die Unternehmensgeschäfte zu bringen.
B2B Sales: Hier liegt der Fokus darauf eine funktionierende Sales-Pipeline aufzubauen und das Produkt konstant zu verkaufen. Eine Vertriebspartnerschaft mit einem etablierten Unternehmen ist dabei gut um Referenzen und Kundenkontakte zu bekommen.
Partnership with Original Equipment Manufacturer(OEM) oder White Label Partner: Unternehmen verkauft Produkt von Startup unter seiner Marke bzw. als Element in seinem Produkt. Hier daher kein direkter B2C Vertrieb sondern durch den Kooperationspartner. Hier ist die Abhängigkeit vom Geschäftspartner und dessen Entscheidungen sehr hoch.
Abschließend kann man feststellen, dass die Phasen der Unternehmensentwicklung eines Startups mit dem Engagement des etablierten Unternehmens zusammen passen sollten. Allerdings gibt es hier eine einfache Lösung: Man sucht sich als Startup das Kooperationsangebot, das zu einem passt bzw. bietet als etabliertes Unternehmen die zu einem passende Kooperationsform an. Hierbei sollten sich aber beide auch an den üblichen Kooperationsformen ihrer Branche orientieren. Zum Beispiel macht eine vertiefte Entwicklungszusammenarbeit in manchen Branchen mehr Sinn als in anderen.
Es gibt dabei natürlich nicht nur die eine richtige Kooperationsform. Auch können nacheinander verschiedene Kooperationsformen eingegangen werden oder ein Mix aus den verschiedenen Formen die passende Kooperationsweise ergeben. So können Starthilfen wie beispielsweise der Inkubator mit einem Partner Model kombiniert werden. Oder ein Entrepreneurial Co-Creation Programm zum Aufbau eines Accelerators führen. Vor allem von Seiten der etablierten Unternehmen ist es wichtig sich genau zu überlegen mit welchem Einsatz – an Zeit und Geld – man sich einbringen möchte und mit welchem Ziel. Auch ein Startup sollte sich überlegen, welche Kooperationsform nicht nur in der aktuellen Phase Sinn macht, sondern zusätzlich, welche Ziele in der nächsten Phase angestrebt werden.
Durch unsere Zusammenarbeit als Executive Search Boutique mit vielen Startups weiß Talent Tree, dass eine gute Kooperation einerseits des „cultural fits“ zwischen den Kooperationspartnern bedarf, aber auch ein klares Ziel und ein gutes Team von Seiten des Startups. Ein klares Ziel, um im Businessplan klar darzulegen, wo man hin möchte. Und ein gutes Team, damit man die geplanten Ziele auch erreichen zu kann. Nicht nur eine Kooperation, sondern auch eine grundsätzliche Finanzierung sind von diesen Faktoren abhängig - vor allem vom Team.
Auch wenn eine Kooperation sinnvoll ist und sogar die vermeintlich richtige Kooperationsform gefunden wurde, kann es innerhalb der Kooperation zu Problemen kommen. Damit eine Kooperation nicht scheitert, gibt es in unserem nächsten Artikel wichtige Tipps zur Vermeidung der häufigsten Herausforderungen in einer Kooperation.